pátek 4. února 2011

Deutsche in Brünn 1945-1946

Franz Chocholaty Gröger
(übersetzt von Mathilde Najdek)
Ehemaliges "Deutsches Haus" auf dem Lažanský-Platz (1891-1945)  in Brünn -
während des Krieges durch Luftangriffe teilweise beschädigt und 1945 dann
endgültig von den Tschechen gesprengt und dem Boden gleich gemacht.
Einige Tage vor der Veröffentlichung eines Gesprächs, das die Redaktion von NÁŠ SMĚR mit dem in Brünn gebürtigen Zeitzeugen Hugo Fritsch geführt hat, bringen wir folgenden Beitrag, um einleitend einen kompletten und übersichtlichen Einblick in die zahlenmäβige Entwicklung der deutschen Bevölkerung der mährischen Landeshauptstadt in den Jahren 1930-1946 zu vermitteln. (-lb-)
Laut einer Volkszählung lebten in Brünn am 1. Dezember 1930 insgesamt 52.165 Deutsche (20,3% aller Einwohner Brünns), was in absoluten Zahlen die meisten Deutschen im Binnenland darstellte, d.h. auf dem nicht zum Grenzgebiet gehörenden Territorium gemäß der Regierungsanordnung Nr. 155/1936 Slg. Außer den Deutschen lebten in Brünn auch noch 200.213 Tschechen, 3295 Juden und 149 Polen.

Zwischen 1931-1945 wurde die Bevölkerung auf diesem Gebiet nicht gezählt, gezählt wurde erst am 17.Mai 1939 auf dem dem Deutschen Reich am 1. 10. 1938 angegliederten Gebiet. Im Jahr 1944 lebten dort 60.000 Deutsche. Laut Schätzungen lebten im März 1945 in Brünn ungefähr 30.000 Deutsche, davon handlte es sich bei 20.000 oder 25.000 Personen vor allem überalterte Männer, ferner Frauen und Kinder. Die Verminderung der deutschen Bevölkerung geht auf die Verluste durch Luftangriffe am 25. August, 11. Oktober, 20. November, 19. Dezember 1944 sowie im April 1945 zurück, wobei insgesamt 1278 Häuser vernichtet und weitere 12.439 beschädigt wurden. Bei den Luftangriffen kamen mindestens 1200 Menschen ums Leben. Weiter wurde die Zahl geringer durch die im Krieg Gefallenen, sowie durch Verschiebungen von Deutschen aus dem Kampfgebiet. Eine solche Verschiebung der Deutschen aus Brünn erfolgte in der Nacht vom 7. zum 8. April in Richtung Zwittau, und von dort dann über die Böhmisch-Mährische Höhe in Richtung Pribram. Von dort führte der Weg über Pilsen nach Prag, wo der Aufstand diese Leute ereilte, und danach die Überführung in ein Lager. Die Brünner Beamtenschaft und deren Familien wurden in der Zeit von 15. – 18. April mit städtischen Autobussen nach Iglau evakuiert und dann nach Südböhmen, nach Rosenburg im Böhmerwald. Nach der Besetzung durch die Amerikaner mussten sie nach Österreich gehen. Am 25. 4. 1945 rückte das sowjetische Heer in Brünn ein und am 26. 4. ist die Stadt besetzt worden. Am 12. 5. hielt Dr. Edvard Beneš seine berüchtigte Rede von der „Ausliquidierung der Deutschen“ vom Balkon des Rathauses auf dem Dominikaner Platz (Rathausplatz). Die Kommandantur der Nationalen Sicherheits-Wacht Brünn (NBS) für Mähren gab am 20.5. 1945 die Anordnung für die Verwahrung von Personen deutscher Nationalität heraus - ausgenommen waren Invaliden und Schwerkranke, hochschwangere Frauen und Wöchnerinnen, Kinder, die jünger waren als sechs Jahre, und Personen aus Mischehen, sofern sie sich „gegen die nationale Ehre nicht schuldig gemacht haben“ und Personen, die eine „antinazistische Aktivität vorweisen“ konnten.

Auf einer Sitzung der Regierung vom 23. 5. 1945 wurde bekannt gegeben, dass in Brünn 1600 Personen verhaftet worden waren, wovon allein 1500 Deutsche waren. Die Anzahl der Inhaftierten im Kounic-Kolleg bewegte sich zwischen 2000-3000 Deutschen aus Brünn. Von den Inhaftierten vor dem 31. 5. gelang es bis Ende September 2324 Personen zu überprüfen. Mindestens 300 Personen sind bis zur Aufhebung gestorben oder erschlagen worden. Unter das Kommando Kounic-Kolleg und die dortige ŘNB (Direktion der Nationalen Sicherheit) fielen insgesamt 4202 Personen (davon 997 Frauen und 446 Kinder).

Zum 23. 5. 1945 wurden in 11 Konzentrationseinrichtungen 1200 Deutsche festgehalten. Der Národní Výbor von Brünn gab am 29. 5. 1945 eine Anordnung heraus, wonach die arbeitsfähigen deutschen Männer zwischen 14 bis 60 Jahre, die sich zur Zeit in der Stadt befanden, im Barackenlager in Malmeritz zu konzentrieren waren. Die Verordnung des Rates ZNV 78/1945 ordnete an eine bestimmte Anzahl von Deutschen aus der Stadt zu deportieren.

Gleichzeitig wurde die Massenaussiedlung der Deutschen aus der Stadt in Richtung österreichische Grenze vorbereitet, zu der es in den Tagen 30. und 31. Mai kam. Berichten jener Zeit zufolge wurden aus Brünn 17.014 und aus Brünn-Lösch hinzukommend 2000 bis 2500 Deutsche ausgesiedelt. Von unterwegs und jenen Stellen, wo der Menschenzug halt machte, wurden viele Leute zurückgeschickt. Im Lager von Malmeritz sollen 853 und in den Häusern 1226 Deutsche geblieben sein, die aus dem odsun herausgenommen wurden. Eine andere Quelle macht folgende Angaben: Richtung Mödritz und Gr. Raigern wurden zu Fuß 19.161 und mit Wagen 575 Leute vertrieben. In Arbeitslager sollen 1105 geliefert und 1416 Personen entlassen worden sein. Aus dem improvisierten Lager in Pohrlitz wurde zwar eine größere Anzahl von Personen nach deren Überprüfung nach Brünn zurückgeführt, allerdings blieben an Ort und Stelle noch ca. 4000-5000 Personen. Der Rest der Teilnehmer am „Brünner (Todes)marsch“ ist über die tschechoslowakisch-österreichische Grenze erst nach Einschreiten der Sowjets entlassen worden. In Pohrlitz wurde eine provisorische Verwaltung errichtet und am 6. Juni wurde in Muschau bei Nikolsburg ein „Entlastungslager“ aufgebaut. Ein Teil der Brünner Deutschen ist in die Gemeinden nördlich und südlich der Thaya verstreut worden. In Pohrlitz wurden zwischen 6. Juni und 12. Juli 1945 insgesamt 459 Tote registriert, davon 366 infolge einer Ruhr-Epidemie.

Die Gesamtzusammenfassung von Verlusten an Menschenleben der deutschen Bevölkerung, der aus Brünn Vertriebenen, sieht wie folgt aus: auf tschechosl. Territorium 629 Fälle (459 in Pohrlitz und 170 bereits beim Abschluss von Aktionen an anderen Orten) und auf österreichischem Boden 1062 Todesfälle (allein in der Nähe des Zollamtes Drasenhofen sind in den Tagen 4. 6. – 9.8. 1945 ca. sechzig Personen gestorben bzw. in einem Gemeinschaftsgrab beigesetzt worden), also insgesamt 1691. Ältere und Kranke wurden im August in die „Entlastungsstation“ in Gruβbach in der Nähe von Fröllerdorf und ins Siechenhaus der hl. Hedwig in Frischau im Bezirk Znaim verlegt. Invaliden, arbeitsunfähige und kranke Deutsche, die in Brünn geblieben waren oder hierher gebracht worden waren, beziehungsweise die aus den dortigen Lagern hatten freikommen können, wurden den Ämtern in Sonderabteilungen des Krankenhauses der hl. Elisabeth und der hl. Anna übergeben. Einen Teil der Waisen und verlassenen Kinder übernahm ein karitatives Heim in der Wiener Gasse.

(Anm. d. Redaktion: Die Angaben über die Opferzahlen gehen je nach unterschiedlicher Quelle auseinander. Andere Quellen geben im Wortlaut an: Mit Sicherheit belegt sind etwas über 2.000 Todesfälle, davon 890 in einem Massengrab bei Pohrlitz und weitere etwas über 1.000, die auf mehreren Friedhöfen auf österreichischer Seite (im unmittelbare Grenzgebiet und entlang der Straße nach Wien) in Einzelgräbern bestattet wurden. Da die gesamte Historiographie davon ausgeht, dass auf der tschechischen Seite der Grenze weit mehr Opfer zu beklagen waren als im Schlusskapitel des Todesmarsches zwischen der Grenze und Wien, kann die Zahl 5.200 als gut gesichert gelten. Vgl. dt.Wikipedia.)

Am 21. 6. 1945 gab die Kommandostelle des NBS (Nationale Sicherheit) für Mähren eine einstweilige Richtlinie über Konzentrationslager, Haft- und Arbeitslager sowie Untersuchungskommissionen in Mährisch-Schlesien heraus.

Das Symbol des Deutschtums – das Deutsche Haus auf dem heutigen Moravské náměstí (früher Lažanský-Platz), das durch einen Fliegerangriff auf Brünn nut teilweise, aber durch später erfolgte Kampfhandlungen stark beschädigt worden war, wurde im August 1945 gesprengt. Die Reste mussten von den deutschen Bewohnern Brünns selbst exemplarisch auseinandergenommen werden.

Zwischen Mitte August und Anfang September 1945 befanden sich im PT (Arbeitslager) Brünn Malmeritz 2237 Personen und im Arbeitslager Brünn- Mala Klajdovka 1582 Personen, davon 1574 Deutsche. Von Februar bis März 1946 evidierte die Zentrale für Arbeitszentren in Brünn 9 Objekte in der Stadt, eine Krankenhausabteilung in Bohonitz und Brünn-Tschernowitz und die sogenannten Notunterkünfte der Deutschen in Göding und Kronstadt mit ungefähr 4500 konzentrierten Deutschen.

Nachdem am 1. April 1946 von einem Brünner Bahnhof der erste Transport nach München-Allach abfuhr, wurden weitere Transporte nach München-Allach (insgesamt 2), Bayreuth(1), Augsburg (1), Dachau (1), Regensburg (1) in Bayern, ferner nach Aalen (2), Göppingen (1) in Nord-Württemberg, und nach Gerlachsheim (1) in Nord-Baden vorbereitet. Der letzte, zwölfte Transport fuhr dann am 27. 11.1946 mit 1241 Deutschen nach Karlsruhe.

Insgesamt wurden 13.790 Deutsche abgeschoben. Die Zahl der Deutschen, die nicht in den odsun kamen und in Brünn bleiben durften oder sich hier in den umliegenden Gemeinden angesiedelt haben, ist nicht leicht festzustellen. Es handelte sich vor allem um Personen aus Mischehen, Spezialisten, sogenannte Antifaschisten und Alte oder Kranke, die nicht transportiert werden konnten. Zeitgenössische Quellen geben Zahlen an, wonach zum 1. November 1946 in Brünn 2971 Deutsche lebten, von denen noch ungefähr 1500 für den nachträglichen odsun nach Deutschland bestimmt waren. Aus einem Dokument vom 15. Februar 1949 geht eine Anzahl von 1462 Deutschen auf dem Gebiet der Stadt Brünn hervor.

Pardubitz, 26. Jänner 2011
Franz Chocholaty Gröger